Die Energiewende erfordert nicht nur den Ausbau erneuerbarer Energien, sondern insbesondere den Aufbau von Speicherkapazitäten, um nachhaltig produzierte elektrische Energie effizient speichern und wieder zur Verfügung stellen zu können. Insbesondere im Mobilitätssektor wird hierzu auf Batteriespeichersysteme auf Basis der Lithium-Ionen-Batterie gesetzt. Fast alle namhaften Automobilhersteller haben den mittelfristigen Ausstieg aus der Verbrenner-Technologie bereits beschlossen und kommuniziert. Die Batteriezellproduktion soll sich innerhalb weniger Jahre vervielfachen, um diese ambitionierten Ziele zu erreichen.
Gleichzeitig möchten sich europäische und nordamerikanische Produzenten und Staaten nicht in eine alleinige Abhängigkeit von asiatischen Lieferanten begeben. Aktuell befinden sich allein in Europa mehr als 30 „Gigafactories“ zur Herstellung von Batteriezellen für die Automobilindustrie im Bau oder in der Planung. Den mengenmäßig größten Anteil aller Rohmaterialien in der Li-Ion-Batterie stellt Graphit dar. Graphit ist als natürlicher Rohstoff (als sog. „Flake Graphite“) oder als synthetischer Rohstoff (häufig aus Petrolkoks hergestellt) zur Herstellung von Batterie-Anoden-Graphit verwendbar.
An Batterie-Anoden-Graphit werden je nach Einsatzzweck ganz spezifische Anforderungen der Batterie- und Automobilhersteller gestellt. So müssen Graphitpartikel möglichst rund (sphärisch) sein, und in einem engen Partikelgrößenband vorliegen, um hohe Energiedichten und kurze Ladezeiten zu ermöglichen. Die effiziente Anpassung von Partikelform und Partikelgröße verschiedenster Materialien ist seit jeher das Aufgabengebiet von NEUMAN & ESSER. Graphite und Kokse sind darüber hinaus bereits seit den ersten von NEUMAN & ESSER gebauten Mahlanlagen im Jahr 1931 eine der Hauptanwendungen. Mit dem teils staatlich unterstützten, aufkommenden Bestreben europäischer und nordamerikanischer Hersteller, Anodengraphit lokal zu fertigen, war es daher für NEUMAN & ESSER naheliegend, Lösungen zur effizienten Herstellung sphärischen Anodengraphits zu entwickeln.
Es werden verschiedene Qualitätskriterien zur Einschätzung der Eignung eines Batterie-Anoden-Graphits verwendet. Diese betreffen im Wesentlichen die Partikelgröße, -verteilung und -form.
Zur Charakterisierung der Partikelgröße dient die Partikelgrößenverteilung. Mit Hilfe dieser Verteilung lässt sich beschreiben, welcher Volumen- bzw. Massenanteil der Probe aus Partikeln unterhalb einer bestimmten Größe besteht. Typische qualitätsrelevante Kennwerte für Anodengraphit sind dabei die Werte d10, d50 und d90, die aussagen, welche maximale Partikelgröße die feinsten 10, 50 bzw. 90% des gesamten Partikelvolumens aufweisen.
Zwei Feinheitsgrade für Anodengraphit, die meist über den d50 Wert charakterisiert werden, sind weit verbreitet. Für die gröbere typische Feinheit liegt der geforderte d50 bei 15-20 µm, für die feinere bei 8-12 µm. Während die Anforderungen an die mittlere Partikelgröße für synthetisches und natürliches Graphit ähnlich sind, unterscheiden sich die Anforderungen in der erlaubten Breite der Verteilung, also des maximal zulässigen Verhältnisses des d90 zum d10 Wert.
Um Graphit effizient in Hochleistungsbatterien mit hoher Energiedichte und schnellen Ladezyklen einsetzen zu können, ist neben der Partikelgrößenverteilung auch die Rundheit oder sog. Spherizität der Partikel entscheidend. Hierbei unterscheiden sich die Rohstoffe natürlicher „Flake Graphite“ und Petrolkoks (für synthetisches Graphit) erheblich. Während das natürliche Graphit als extrem flaches, fast 2-dimensionales Partikel vorliegt, weist Petrolkoks eine eher nadelige, räumlichere Form auf. Damit unterscheiden sich auch die Anforderungen an die Verrundung oder Spheronisierung. Typischerweise wird die Rundheit indirekt über die sogenannte Stampfdichte gemessen, davon ausgehend, dass rundere Partikel höhere Stampfdichten ergeben.
Bei der Messung der Stampfdichte wird eine definierte Menge eines Produkts in einen Standzylinder gegeben. Der Zylinder wird mit einer definierten Anzahl und Höhe von Hüben auf eine Oberfläche gestoßen. Hierzu gibt es spezielle Geräte, die diese Hübe normgerecht ausführen. Das Volumen des Materials im Zylinder ergibt zusammen mit dem Gewicht der Probe die sogenannten Stampfdichte in [g/ml].
Auch bei der erforderlichen Stampfdichte unterscheiden sich die Anforderungen an natürliches Graphit und Petrolkoks. Während natürliches Graphit auf Stampfdichten bis zu > 1g/ml verrundet werden muss, sind für Petrolkokse als Ausgangsmaterial für synthetisches Anodengraphit Stampfdichten im Bereich von 0,7-0,9 g/ml meist akzeptabel. Durch die unterschiedlichen Anforderungen unterscheiden sich auch die optimalen Lösungen zur Produktion dieser beiden Materialien.
Anoden-Graphit stellt den mengenmäßig größten Anteil aller Batterierohstoffe dar. Entsprechend hohe Produktionskapazitäten sind in den kommenden Jahren aufzubauen. Produktionsequipment muss diesen Produktionskapazitäten durch entsprechende Baugrößen genügen.
Aus der Kombination der o.g. Qualitätsanforderungen ergibt sich die Notwendigkeit einen unerwünschten Teil des Ausgangsmaterials, d.h. der Feinstpartikel, die leistungsmindernd in nachfolgenden Produktionsschritten und in der Batterie wirken können, auszuschleusen. Dieser Produktionsanteil kann nicht als Anodengraphit verwendet werden und reduziert damit die Ausbeute des Gesamtprozesses. Im industriellen Maßstab ist es von besonderer Bedeutung, im Produktionsprozess geringste Mengen an Feinstpartikeln zu erzeugen und damit die Gesamtausbeute des Prozesses möglichst hochzuhalten.
Eine hohe Gesamtausbeute sowie eine effiziente Prozessführung sind darüber hinaus erforderlich, um möglichst niedrige spezifische Energiebedarfe zur Herstellung des Anodengraphits realisieren zu können. Damit lässt sich der CO2-Fußabdruck der Batterie bereits im Produktionsstadium des Ausgangsmaterials entscheidend senken.
Traditionelle Herstellungsprozesse für sphärischen Anodengraphit sehen eine Reihenschaltung von 20-30 Prallsichtermühlen vor, in denen die Mahl-, Sicht- und Verrundungsprozesse zur Erreichung der Partikelgröße und -verteilung sowie der gewünschten -form simultan durchgeführt werden. Die Qualitätskriterien lassen sich daher nicht einzeln adressieren und einstellen. Zur Effizienzsteigerung und Reduktion der Prozesskomplexität sowie der Realisierung hoher Produktionskapazitäten hat NEUMAN & ESSER die NEA|Sphere Lösungen entwickelt. Maßgebend war, dass die erforderlichen Prozesse möglichst eigenständig durchgeführt werden können.
Dementsprechend wurde der Prozess in einen Mahlprozess, einen Sichtprozess und einen Verrundungsprozess aufgeteilt. Zur optimalen individuellen Prozessführung wurden, auf Basis bestehender Produkte und Technologien, die drei Basisaggregate der NEA|Sphere Baureihe entwickelt.
Um feine Partikel mit einer steilen Korngrößenverteilung, d.h. einem geringen Anteil an sogenannten "Superfines", zu erzeugen, wurde die NEA|Sphere M mit Hochintensiv-Mahlwerkzeugen und einem hocheffizienten integrierten Sichtermodul ausgestattet. Das Material wird auf dieser Mühle auf die gewünschte Feinheit gemahlen, aber nicht übermahlen.
Durch speziell für den Zweck der Spheronisierung entwickelte Werkzeuge und das hocheffiziente integrierte Klassifizierungsmodul ermöglicht die NEA|Sphere S die vollständige Verrundung von Partikeln in einem einzigen Schritt. Dadurch lässt sich die Ausbeute des Verrundungsprozesses signifikant erhöhen.
Für spezielle Herausforderungen an die Partikelgrößenverhältnisse, wie bspw. ein besonders enges Verhältnis d90/d10, hat NEUMAN & ESSER den Sichtapparat NEA|Sphere C auf der Basis des bewährten Leitringsichters GRC entwickelt. Durch dieses Aggregat lassen sich auch flake-förmige Produkte effizient fraktionieren. Dadurch lässt sich die Gesamtausbeute des Prozesses weiter steigern.
Da natürliches Graphit sich anders verhält als Petrolkokse und synthetische Graphite hat NEUMAN & ESSER jeweils zwei Varianten der o.g. Aggregate entwickelt. Diese werden jeweils mit einem angehängten „n“ für natürliches Graphit oder ein „s“ für synthetisches Graphit und dessen Ausgangsstoffe bezeichnet.
Unter Beachtung der geforderten Qualitätskriterien, des Ausgangsmaterials sowie der erforderlichen Produktionskapazitäten erstellt NEUMAN & ESSER ein individuelles NEA|Sphere Kundenkonzept durch intelligente Kombination der oben genannten NEA|Sphere Aggregate M, S und C.
Während für synthetisches Graphit bzw. Petrolkoks häufig die Kombination von NEA|Sphere Ms und NEA|Sphere Ss ausreichend ist, und auch feinere natürliche Anodengraphite mit den analogen Aggregaten NEA|Sphere Mn und NEA|Sphere Sn mit hohen Ausbeuten herstellbar sind, empfiehlt sich für die Herstellung eines gröberen natürlichen Anodengraphits der zusätzliche Einsatz des NEA|Sphere Cn.
Individuelle Prozesslösungen für Kunden werden auf der Basis der jeweiligen Anforderungen erstellt. Da alle Komponenten in Produktionsgröße im NEUMAN & ESSER Technikum vorhanden sind, lassen sich sämtliche Prozessvorschläge dort mit Kundenmaterial validieren.